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Umfeldentwicklung

Die EU-Wirtschaft entwickelte sich im letzten Winter laut Europäischer Kommission besser als erwartet, nachdem eine Winterrezession in der EU im vergangenen Jahr noch unvermeidlich schien. Die EU hat die Energiekrise gut überstanden und das Risiko von Engpässen im nächsten Winter hat sich erheblich verringert. Die Widerstandsfähigkeit der EU-Wirtschaft hat jedoch auch die Verlangsamung der Inflation verzögert. Die deutsche Wirtschaft ist hingegen laut Statistischem Bundesamt (Destatis) mit einem leichten Rückgang des Bruttoinlandprodukts (BIP, 1. Quartal 2023 -0,3 % zum Vorquartal) in das Jahr 2023 gestartet und verzeichnete damit zwei negative Quartale in Folge. Belastungen gingen zum Jahresbeginn von den weiterhin hohen Preissteigerungen aus. In Schweden wuchs das BIP im gleichen Zeitraum laut Statistik Schweden (SCB) um 0,6 %. Der Aufschwung ist vor allem auf eine Zunahme der Lagerbestände und ein starkes Wachstum der Warenexporte zurückzuführen. Auch in Österreich wuchs das BIP im 1. Quartal 2023, wenn auch nur leicht, um 0,1 % gegenüber dem Vorquartal. Allerdings hat sich die Wachstumsdynamik laut Statistik Austria in fast allen Wirtschaftsbereichen abgeflacht. Für 2023 wird ein BIP-Wachstum von -0,3 % in Deutschland (IfW Kiel), -0,2 % in Schweden (Konjunkturinstitutet) und 0,3 % in Österreich (WIFO) erwartet.

Der Arbeitsmarkt zeigte sich in Deutschland trotz schwacher Wirtschaftsentwicklung insgesamt zunächst durchaus stabil, die schwache Konjunktur ist aber auch hier spürbar. So stieg im Juni 2023 laut Bundesagentur für Arbeit die Arbeitslosigkeit an, die Unterbeschäftigung ging aber zurück. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen stieg im Juni 2023 im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozentpunkte auf 5,5 % (nicht saisonbereinigt). Der Einfluss durch die Migration ukrainischer Geflüchteter lag bei etwa 0,4 Prozentpunkten. Laut Statistik Schweden (SCB) ist die Arbeitslosenquote in Schweden im Mai 2023 gegenüber Mai 2022 nicht saisonbereinigt um 0,6 Prozentpunkte auf 7,9 % gesunken. In Österreich lag die Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung laut Arbeitsmarktservice im Juni 2023 bei 5,7 % und ist damit um 0,2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Im Jahresdurchschnitt 2023 wird eine Arbeitslosenquote nach jeweils nationaler Definition von in Deutschland 5,6 % (IfW Kiel), in Schweden 7,5 % (Konjunkturinstitutet) und in Österreich 6,4 % (WIFO) erwartet.

Gemessen am Verbraucherpreisindex (VPI) lag die Inflation in Deutschland laut Destatis im Vergleich zum Vorjahresmonat im Mai 2023 bei 6,1 % bzw. im Juni bei 6,4 %. Damit waren die Inflationsraten niedriger als noch zu Jahresbeginn. Der leichte Anstieg von Mai auf Juni ist laut DB Research vor allem auf Basiseffekte aufgrund der Einführung des Tank-rabatts und des 9-Euro-Tickets im Juni 2022 zurückzuführen. In Schweden und Österreich lagen die Inflationsraten gemessen am jeweils nationalen VPI im Vergleich zum Vorjahr im Juni 2023 bei 9,3 % (SCB) bzw. bei voraussichtlich 8,0 % (Statistik Austria) und fielen ebenfalls geringer als noch zum Jahresanfang aus. Die Inflationsraten liegen in allen drei Ländern weiterhin auf hohem Niveau. Inflationstreibend wirkten zuletzt in Deutschland beispielsweise die Teuerung bei Nahrungsmitteln, in Schweden die Entwicklung der Hypothekenzinsen für Haushalte und in Österreich die Preise für Haushaltsenergie. Im Jahresdurchschnitt 2023 dürften die Inflationsraten etwas niedriger ausfallen, nach jeweils nationaler Definition wird ein VPI-Anstieg von in Deutschland 5,8 % (IfW Kiel), in Schweden 6,1 % (Konjunkturinstitutet) und in Österreich 7,5 % (WIFO) erwartet.

Mit der Absicht, die zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2 %-Ziel zu erreichen, erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) im 1. Halbjahr 2023 den Leitzins weiter, in mehreren Schritten auf 4,00 % zu Ende Juni 2023. Die hohe Inflationsrate veranlasste auch die Schwedische Reichsbank, die Policy Rate seit Jahresbeginn in weiteren Schritten zuletzt zum 5. Juli 2023 auf 3,75 % anzuheben. Weitere Anhebungen von Leitzins bzw. Policy Rate sind im Jahr 2023 möglich. In diesem Umfeld lagen die Bauzinsen in Deutschland, Schweden und Österreich im ersten Halbjahr 2023 insgesamt höher als im Vergleichszeitraum des Vorjahres.

Das Zinsumfeld belastet die Immobilienmärkte. Die Märkte für Wohneigentum haben sich bereits im Jahresverlauf 2022 abgekühlt und der Wohninvestmentmarkt ist durch Preisfindungsprozesse und niedrige Transaktionszahlen bestimmt. Die fundamentalen Rahmenbedingungen aus Sicht von Vermietern sind derweil laut Savills in Deutschland so attraktiv wie selten zuvor. Der Mietwohnungsmarkt hat laut DB Research über eine höhere Einwohnerzahl und auch durch die Umlenkung von potenziellen Käufern in den Mietermarkt weitere Nachfrageimpulse erhalten. Deutschlandweit stiegen die inserierten Mieten weiter an und lagen laut empirica im Durchschnitt aller Baujahre im 2. Quartal 2023 um 5,5 % (Neubau 5,2 %) höher als im Vorjahresquartal. Weitere Mietsteigerungen sind im Jahr 2023 wahrscheinlich, sowohl bei Angebotsmieten als auch bei Bestandsmieten sind spürbare Anstiege zu erwarten. Im März waren in Schweden laut „Hem & Hyra“, der Mitgliederzeitung des schwedischen Mieterverbands („Hyresgästföreningen“), rund 60 % aller Mieten für 2023 verhandelt. Die durchschnittliche Mietsteigerung betrug bis dahin 4,12 %. Gemessen am Index für tatsächliche Mietzahlungen für Hauptwohnungen im Rahmen des Verbraucherpreisindex stiegen auch die Mieten in Österreich seit Jahresbeginn weiter an und lagen im Mai 2023 rund 7,5 % höher als im Vorjahresmonat.

Während die Wohneigentumspreise zu Jahresbeginn 2022 noch kletterten, kühlte sich die Preisdynamik in Deutschland, Schweden und Österreich im Jahresverlauf 2022 spürbar ab. Der Preisrückgang setzte sich in Deutschland auch zu Beginn des Jahres 2023 fort. Der empirica Preisindex für Eigentumswohnungen (alle Baujahre) lag zum 2. Quartal 2023 um 5,5 % niedriger als im Vorjahreszeitraum (Neubau -0,2 %). Insbesondere angesichts der fundamentalen Angebotsknappheit erwartet DB Research in Deutschland nur eine Preisdelle. Die Preise für Mieter-Eigentümer-Wohnungen in Schweden („Bostadsrätter“) sanken laut Svensk Mäklarstatistik im Juni 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,4 %. Seit Jahresbeginn 2023 setzte eine leichte Erholung der Preise ein. Anhaltende Zinserhöhungen deuten laut SEB aber darauf hin, dass die Preise für Wohneigentum in Schweden noch weiter nachgeben könnten. Der Wohnimmobilienpreisindex der Österreichischen Nationalbank (OeNB) auf Basis neuer und gebrauchter Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser in Österreich zeigt für das 1. Quartal 2023 noch einen Anstieg von 1,1 % gegenüber dem Vorjahr. In kurzfristiger Betrachtung, gemessen an den Steigerungen gegenüber dem jeweiligen Vorquartal, fielen die Preise für Wohnimmobilien Ende 2022 erstmals seit mehreren Jahren um zunächst 2,0 %. Im 1. Quartal 2023 stagnierten die Preise laut OeNB nahezu auf dem Niveau des Vorquartals (-0,4 %). Weitere leichte Preisrückgänge sind nicht auszuschließen, aber die Gefahr plötzlicher starker Preiskorrekturen wird laut OeNB gegenwärtig als eher gering eingeschätzt.

Die Bevölkerungszahl in Deutschland, Schweden und Österreich ist 2022 erneut gestiegen und dürfte weiter wachsen. Es fehlt in vielen großen Städten und Metropolregionen nach wie vor an Wohnungen. Indessen wird ein spürbarer Rückgang der Bautätigkeit erwartet. 2022 wurden laut Destatis in Deutschland 295.300 Wohnungen fertiggestellt. Insbesondere wegen der erheblichen Verteuerung der Finanzierung und der Bauleistungen könnte die Zahl der Fertigstellungen laut Berechnungen des ifo Instituts sukzessive auf nur noch 200.000 Wohneinheiten im Jahr 2025 sinken. Die Bundesregierung hat sich das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in Deutschland gesetzt. Da die Nachfrage nach Wohnraum weiterhin steigt, droht laut Savills vielen Städten und Regionen eine massive Wohnungsknappheit. Laut Schätzung von Boverket müssen in Schweden bis 2030 jährlich rund 63.000 Wohnungen neu gebaut werden, 2022 wurden rund 56.700 Wohnungen fertiggestellt. Nach Berechnungen von Boverket werden die Fertigstellungen im Jahr 2023 mit rund 58.000 Wohnungen ihren Höhepunkt erreichen und 2024 auf rund 40.000 Wohnungen bzw. 2025 auf rund 30.000 Wohnungen fallen. Damit wird der jährliche Zusatzbedarf nicht erreicht. In Österreich ist laut OeNB das Ende eines ausgeprägten Wohnungsbauzyklus zu beobachten. Hier hat der Wohnungsbau laut Bank Austria in den letzten Jahren dem stark gestiegenen Bedarf an Wohnraum weitgehend Rechnung getragen. Es dürften aber vor allem im Bereich günstiger Mietwohnungen in den größeren Städten noch Lücken bestehen. Nach Schätzung der OeNB dürfte die Anzahl fertiggestellter Wohnungen nach 59.000 im Jahr 2022 auf 57.000 im Jahr 2023 und 43.000 im Jahr 2024 sinken.

Die Bauindustrien und Projektentwicklungsmärkte leiden unter den gestiegenen Zinsen und ungünstigeren Finanzierungsbedingungen sowie den gestiegenen Baukosten. In Deutschland und Österreich fehlt es zudem an ausreichend Fachkräften. In Deutschland hat der Bund die Neubauförderung auf ein Minimum reduziert und die Neubaustandards Anfang 2023 verschärft. In Schweden wurde die Investitionsförderung für Mietwohnungen nach 2022 gestrichen. Neubauentwicklungen sind bei den derzeitigen Bedingungen wirtschaftlich kaum noch darstellbar.

Der Wohninvestmentmarkt Deutschland zeigte einen starken Rückgang im 1. Halbjahr 2023 im Vergleich zum 1. Halbjahr 2022. Das Transaktionsvolumen betrug laut Savills 3,7 Mrd. € und lag damit 53 % niedriger als im Vorjahr. Gründe für ein gedämpftes Transaktionsgeschehen sind laut BNP Paribas makroökonomische Unsicherheiten und teurere Fremdkapitalfinanzierung im Rahmen des Zinsanstiegs. Die Preisfindungsphase hielt derweil an. Ausgelöst durch die Zinswende bestehen unterschiedliche Preisvorstellungen bei Käufern und Verkäufern. Seit März 2022 stiegen die Spitzenrenditen nach Angaben von Savills um 120 Basispunkte auf zuletzt 3,4 % an, was kurzfristig für einen Rückgang der Kapitalwerte sorgte. Die sich abzeichnende verschärfende Wohnungsknappheit dürfte zu weiter steigenden Mieten führen, die laut Savills langfristig zu wieder steigenden Kapitalwerten führen müssten. Wegen einer erwarteten ersten Zinspause im Herbst rechnet BNP Paribas mit höherer Dynamik am Wohninvestmentmarkt zum Jahresende 2023. Am schwedischen Transaktionsmarkt wurden laut Savills von Januar bis Mai 2023 Immobilien im Wert von 35 Mrd. SEK gehandelt, etwa 65 % weniger als in den ersten fünf Monaten des Vorjahres. Gemessen am Gesamtvolumen hatten Wohnimmobilien einen Anteil von 19 %. Laut EHL verzeichnete der österreichische Immobilieninvestmentmarkt in der ersten Jahreshälfte 2023 ein Transaktionsvolumen von rund 1,2 Mrd. €, rund 45 % weniger als im Vorjahr. Der Anteil des Segments Wohnen betrug 14,8 % und lag damit niedriger als im Vorjahr (1. Halbjahr 2022: 19,2 %).

Zu den wohnungspolitischen Entwicklungen in der ersten Jahreshälfte 2023 gehören in Deutschland z. B. Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Eine Reform der BEG ist mit Jahresbeginn 2023 in Kraft getreten. Damit gelten neue Bedingungen für die Sanierung zum Effizienzhausstandard und für Einzelmaßnahmen. Seit dem 1. März 2023 gibt es eine Förderrichtlinie für klimafreundlichen Neubau, klimafreundliche Gebäude mit Standard Effizienzhaus 40 werden mit günstigeren Krediten gefördert. Beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) wurde zum Jahresbeginn 2023 im Neubau das zulässige Primärenergieniveau verschärft. Details zu einer weiteren Novelle des GEG wurden Ende Juni 2023 diskutiert, das Gesetz konnte aber Anfang Juli noch nicht wie geplant im Bundestag verabschiedet werden. Das sogenannte „Heizungsgesetz“ sieht im Wesentlichen vor, dass zukünftig nur Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 % mit erneuerbaren Energien betrieben werden können. Das Gesetz dürfte frühestens im Jahr 2024 in Kraft treten. Ein Gesetz zur Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Vermieter und Mieter trat zum 1. Januar 2023 in Kraft. Der lineare AfA-Satz zur Abschreibung von Wohngebäuden wurde zum 1. Januar 2023 von 2 auf 3 % angehoben. Das gilt für Wohngebäude mit Fertigstellung ab Januar 2023. Weiterhin ist zu Anfang Juni 2023 das Förderprogramm „Wohneigentum für Familien“ gestartet. Die vom Berliner Senat einberufene Expertenkommission zum Volksentscheid „Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen“ übergab Ende Juni 2023 ihren Abschlussbericht, mit dem Ergebnis, dass die Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen ihrer Einschätzung nach juristisch möglich sei. Der Berliner Senat werde nun in die Prüfung für ein Vergesellschaftungsrahmengesetz gehen. Mitte März 2023 wurde ein Entwurf zur Neufassung der EU-Gebäuderichtlinien verabschiedet, der z. B. besagt, dass ab 2028 Neubauten emissionsfrei sein sollen. In Österreich wurden zum 1. April 2023 die Richtwertmieten erhöht, eine Erhöhung der Kategoriemieten folgte zum 1. Juli 2023. Zudem gilt seit dem 1. Juli 2023 das Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermietung.