Mobiles Menu Mobiles Menu Close

Entwicklung von Gesamtwirtschaft und Branche

Deutschland

Die deutsche Wirtschaft hat sich trotz andauernder Pandemie und Lieferengpässen erholt. Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamts (Destatis) hat das Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt im Jahr 2021 um 2,8 % zum Vorjahr zugenommen. Nach einem pandemiebedingt schwachen Winterhalbjahr wird sich nach Einschätzung der Bundesregierung die Erholung der deutschen Wirtschaft beschleunigen. Für 2022 erwartet sie eine Zunahme des BIP in Höhe von 3,6 %.

Auch wenn nahezu alle Wirtschaftsbereiche ihre Leistung im Jahr 2021 steigern konnten, ist das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht. Im Bereich Öffentliche Dienstleister wurde der Rückgang der Wirtschaftsleistung aus dem Krisenjahr 2020 im Jahr 2021 nahezu kompensiert. Das Baugewerbe konnte sich in der Pandemie behaupten und seine Wirtschaftsleistung im Vergleich zu 2019 merklich steigern. Die Beeinträchtigung durch die Pandemie spiegelt sich insbesondere bei den sonstigen Dienstleistern wider, aber auch das verarbeitende Gewerbe liegt noch unter dem Niveau von 2019. Das Vorkrisenniveau des BIP wird laut des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) im 2. Quartal 2023 erreicht.

Die andauernde vierte Infektionswelle und die Material- und Lieferengpässe haben im Schlussquartal 2021 den Aufholprozess deutlich gebremst. Besonders betroffen waren erneut vor allem die personenbasierten Dienstleistungen und die Industrie. Das Ifo-Institut geht für 2021 von einem Zuwachs des privaten Konsums von nur 0,4 % aus. Ab dem Frühjahr dürften die Infektionszahlen jahreszeitlich bedingt wieder zurückgehen und der private Konsum wird wieder deutlich expandieren. Auch die Investitionen werden nach verhaltener Entwicklung 2021 im laufenden Jahr einen substanziellen Beitrag leisten. Die Konsumausgaben des Staates waren auch im Jahr 2021 eine Wachstumsstütze der deutschen Wirtschaft (+3,0 %). Der Staat gab vor allem mehr Geld im Zusammenhang mit medizinischen Maßnahmen aus, z. B. für kostenlose Antigen-Schnelltests oder die Beschaffung von Corona-Impfstoffen. Für 2022 rechnet das IfW mit einem leichten Rückgang des Staatskonsums. Der Außenhandel erholte sich 2021 von den starken Rückgängen im Vorjahr. Deutschland exportierte 9,4 % mehr Waren und Dienstleistungen ins Ausland als 2020. Die Importe legten gleichzeitig um 8,6 % zu. Für 2022 rechnet die Bundesregierung damit, dass die Importe aufgrund der starken Binnennachfrage stärker zunehmen als die Exporte bei ausgeglichenem Außenbeitrag.

Auf dem Arbeitsmarkt setzte im Sommer eine spürbare Erholung ein. Laut Bundesagentur für Arbeit ist die Arbeitslosenquote im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Prozentpunkte auf 5,7 % gesunken. Für 2022 geht das IfW von einer Arbeitslosenquote von 5,2 % aus.

Getrieben von den gestiegenen Energiepreisen ist die Inflationsrate im Jahr 2021 auf den höchsten Stand seit 1993 geklettert und lag laut dem Statistischen Bundesamt bei 3,1 % im Vergleich zum Vorjahr. Neben temporären Basiseffekten durch niedrigere Preise im Jahr 2020 schlugen sich zunehmend krisenbedingte Effekte wie Lieferengpässe und deutliche Preisanstiege in vorgelagerten Wirtschaftsstufen auf den Verbraucherpreisindex nieder. Im Jahresdurchschnitt 2022 dürfte die Inflationsrate aufgrund dieser Einflüsse noch weiter auf 3,6 % steigen. Die Europäische Zentralbank (EZB) führte bis zuletzt ihren expansiven geldpolitischen Kurs fort und die Leitzinsen sind mit 0 % für den Hauptrefinanzierungssatz unverändert.

Unsicherheiten bestehen neben den pandemiebedingten Risiken und den Lieferengpässen von Vorprodukten hinsichtlich der finanzpolitischen Ausrichtung im Prognosezeitraum. Im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung wurden Anpassungen beim Steuer- und Abgabesystem, bei den öffentlichen Investitionen sowie bei den Sozialleistungen vereinbart, die den Staatshaushalt tendenziell mehr be- als entlasten werden und damit kurzfristig die Konjunktur stimulieren könnten.

Der deutsche Wohnungsmarkt hat sich in der Krise als sehr robust erwiesen. Anhaltend niedrige Finanzierungszinsen sowie der Mangel an Anlagealternativen und vermutlich die Aufwertung der eigenen Wohnung durch mehr Homeoffice haben laut Helaba der Nachfrage nach Wohnimmobilien Schub verliehen. Es besteht weiterhin Nachfrageüberhang im Wohnungsmarkt. Der empirica Preisindex für Eigentumswohnungen (alle Baujahre) stieg zum 4. Quartal 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 13,2 % (Neubau 12,0 %). Die Wohnungsmieten entwickeln sich erneut weniger dynamisch als die Kaufpreise. Bundesweit lagen die inserierten Mieten laut empirica im Durchschnitt aller Baujahre im 4. Quartal 2021 4,0 % (Neubau 4,4 %) höher als im Vorjahresquartal. Die Experten von F+B ermittelten im Jahresverlauf 2021 auch Phasen der Stagnation bzw. nur marginalen Wachstums bei den Neuvertragsmieten. Der Index der Nettokaltmieten des statistischen Bundesamtes stieg im Jahresdurchschnitt 2021 um 1,3 %. Insgesamt waren heterogene Entwicklungen zu beobachten. Laut Immobilienportal Immowelt nahmen in 69 von 80 untersuchten deutschen Großstädten die Angebotsmieten für Bestandswohnungen 2021 zu, allerdings wachsen die Mieten langsamer als in den Jahren zuvor. Das Aus des Mietendeckels mit Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 25. März 2021 lässt die Mietpreise in Berlin wieder steigen. Die übrigen elf Städte weisen im gleichen Zeitraum stagnierende oder leicht sinkende Angebotsmieten auf. Weitere Preis- und Mietsteigerungen sind im Jahr 2022 wahrscheinlich, auch weil Themen wie energetisches Sanieren und nachhaltiges Bauen die Zukunft für das Wohnsegment bestimmen. Nicht zuletzt wegen der sich weiter öffnenden Schere zwischen Kaufpreisen und Mieten zeigt der empirica-Blasenindex für Deutschland im 4. Quartal 2021 für 338 von 401 Landkreisen und kreisfreien Städten eine mäßige bis hohe Blasengefahr.

Die Situation auf den deutschen Wohnungsmärkten hat sich laut GdW in attraktiven Ballungsräumen und wachstumsstarken Regionen zu einer angespannten Marktlage entwickelt. Von Zuwanderung getrieben stieg die Bevölkerungszahl lange Zeit an. Der Wachstumsprozess wurde im Zuge der Corona-Pandemie vorerst gestoppt. Nach erster Schätzung des Statistischen Bundesamtes haben Ende 2021 in Deutschland 83,2 Mio. Menschen gelebt, etwa so viele wie Ende 2020 und 2019. Die gestiegene Sterbefallzahl war deutlich höher als die Zahl der Geborenen, die Lücke konnte 2021 allerdings durch die wieder gestiegene Nettozuwanderung geschlossen werden, 2020 war die Nettozuwanderung noch gesunken. Die Experten des BBSR rechnen in ihrer letzten Bevölkerungsprognose damit, dass die Bevölkerung weiter wächst und erst im Jahr 2024 ihren Höchststand erreichen wird. Die neue Regierung sieht in Deutschland ein modernes Einwanderungsland und möchte z. B. die Zuwanderung für Fachkräfte auch aus dem Nicht-EU-Ausland erleichtern. Laut dem Vorstandsvorsitzenden der Bundesagentur für Arbeit benötigt Deutschland rund 400.000 Zuwanderer pro Jahr, deutlich mehr als in der Vergangenheit, um einem sich abzeichnenden Arbeitskräftemangel entgegen zu wirken. In ihrer Gesamtheit ist unter den Bedingungen der Corona-Krise 2020 vor allem in kreisfreien Großstädten die Einwohnerzahl nicht weiter gestiegen (2020 -0,1 %). Die im Lockdown eher abrupt ausgebliebene Zuwanderung aus dem Ausland könnte auf einen temporären Effekt deuten. Die zunehmende Suburbanisierung kann aber schon seit einigen Jahren beobachtet werden und es lässt sich hinsichtlich der Binnenwanderungsverflechtung der großen Städte eine Trendumkehr beobachten. Aufnahmekapazitäten für weitere Zuziehende sind in Ballungszentren knapp. Die Nachfrage verlagert sich in das Umland der Städte, auch dank verbesserter Möglichkeiten im Homeoffice zu arbeiten oder wegen einer wieder stärkeren Orientierung am Wunschbild des Eigenheims mit Garten am Stadtrand oder im Umland. Da weniger Menschen in die Metropolen zogen, legte auch der Leerstandsrückgang laut CBRE eine Verschnaufpause ein. Dennoch fehlt es in den großen Städten nach wie vor an Wohnungen, aber die Bautätigkeit steigt. Der GdW rechnet für 2021 mit rund 315.000 Fertigstellungen, im Jahr 2020 waren es 306.000. Mit Blick auf die erwartete Nettozuwanderung und das aufgelaufene Wohnungsdefizit werden aus Sicht des GdW jedoch jährlich rund 320.000 Wohnungen benötigt. Der Koalitionsvertrag zwischen den Parteien der neuen Regierung hat die Zielmarke von 400.000 neuen Wohnungen im Jahr festgeschrieben. Trotz Pandemie, Preissteigerungen und Lieferengpässen sieht das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung eine anhaltend gute Perspektive für die Bauwirtschaft.

Der Wohnimmobilieninvestmentmarkt Deutschland erreichte nach Berechnungen von CBRE 2021 ein Rekordergebnis mit einem Transaktionsvolumen von rund 49,1 Mrd. €, fast 140 % höher als im Vorjahr. Auch ohne die Übernahme der Deutschen Wohnen durch Vonovia, der größten Transaktion der vergangenen Jahre, lag das Investitionsvolumen 2021 deutlich über dem Ergebnis von 2020. Für 2022 erwartet CBRE ein dynamisches Transaktionsgeschehen am deutschen Wohnimmobilieninvestmentmarkt.

Zu den politischen Maßnahmen mit Wirkung auf die Wohnungswirtschaft im Jahr 2021 gehörten z. B. das Baulandmobilisierungsgesetz (z. B. Wohnbauerleichterungen, Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen), ein Gesetz, das sogenannte Share Deals unattraktiver machen soll sowie eine Reform des Mietspiegelrechts. Für Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern werden Mietspiegel Pflicht. Ab Juli 2022 gelten dann einheitliche Vorgaben zur Erstellung qualifizierter Mietspiegel. Auswirkungen auf die Wohnkosten hat die seit 1. Januar 2021 geltende CO₂-Bepreisung, der Preis wurde zum 1. Januar 2022 erhöht. Gleichzeitig wurde das Wohngeld erhöht. Zu den weiteren Neuerungen 2022 zählen z. B. das Auslaufen der Förderung von KfW-Effizienzhausstandard 55 und der überraschende vorläufige Programmstopp der Bundesförderung für effiziente Gebäude kurz vor Ende Januar 2022. Die Bundesregierung möchte die Förderung und gesetzliche Standards für Neubau neu ordnen. Ende Februar kam es dann bereits zu einer Wiederaufnahme der Sanierungsförderung. Für die ab 2025 geltende neue Grundsteuer müssen Eigentümer von Grundstücken bereits ab dem 1. Juli 2022 eine entsprechende Steuererklärung abgeben. Zu den Vorhaben der neuen Regierungskoalition für die nächsten Jahre gehören neben der Ausweitung des Wohnungs- und Sozialwohnungsbaus, z. B. eine neue Wohngemeinnützigkeit, auch weitere Regulierungsmaßnahmen, z. B. Senkung der Kappungsgrenze und Verlängerung des Betrachtungszeitraums von Mietspiegeln.

Zum Seitenanfang