Entwicklung von Gesamtwirtschaft und Branche
Die EU-Wirtschaft befindet sich laut Europäischer Kommission in einem komplexen, schwierigen Umfeld. In ihrer Herbstprognose erwartet die Kommission für das Jahr 2024 ein BIP-Wachstum von 0,9 % in der EU bzw. 0,8 % im Euroraum. Dennoch sind getrieben von der Binnennachfrage die Voraussetzungen für ein allmähliches, nachhaltiges Wirtschaftswachstum gegeben. Die Beschäftigung ist stark, die Realeinkommen erholen sich und die Finanzierungsbedingungen lockern sich. Getrübt werden die Wachstumsaussichten derweil durch Nachwirkungen der hohen Inflation. Zudem haben geopolitische Risiken und politische Unsicherheit zugenommen. Die deutsche Wirtschaft ist nach Schätzung des Statistischen Bundesamtes (Destatis) im Jahr 2024 gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,2 % gegenüber dem Vorjahr geschrumpft und kann sich laut IfW Kiel nicht aus der Stagnation lösen. Quartale mit steigender und rückläufiger Wirtschaftsleistung wechseln sich ab. Aufwärtsgerichtet sind insgesamt nur die Dienstleistungsbereiche, während das verarbeitende Gewerbe und Baugewerbe schrumpfen. In Schweden stieg das BIP im Jahr 2024 laut Konjunkturinstitutet um voraussichtlich 0,5 %. Ein wesentlicher Grund für das verhaltene Wachstum ist die anhaltende Konsumzurückhaltung der schwedischen Haushalte. In Österreich schrumpfte das BIP laut WIFO voraussichtlich um 0,9 %. Die weltweite Nachfrageschwäche nach Industriegütern belastet die österreichische Sachgütererzeugung, die Wertschöpfung in der Bauwirtschaft ist rückläufig und die Konsumausgaben der privaten Haushalte sanken erneut. Für 2025 wird ein BIP-Wachstum von 0,0 % in Deutschland (IfW Kiel), 1,2 % in Schweden (Konjunkturinstitutet) und 0,6 % in Österreich (WIFO) erwartet.
Laut Bundesagentur für Arbeit beeinflusste die wirtschaftliche Stagnation den Arbeitsmarkt in Deutschland. Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung (ohne Kurzarbeit) stiegen im Jahresdurchschnitt 2024 im zweiten Jahr in Folge an. Gleichzeitig ist aber die Zahl der Erwerbstätigen 2024 gegenüber dem Vorjahr gestiegen und damit auf neuem Höchststand. Die Arbeitslosenquote auf Basis aller zivilen Erwerbspersonen stieg im Jahresdurchschnitt 2024 im Vergleich zum Vorjahr um 0,3 Prozentpunkte auf 6,0 %. In Schweden betrug die Arbeitslosenquote laut Konjunkturinstitutet im Jahr 2024 voraussichtlich 8,4 %, rund 0,7 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. In Österreich lag die Arbeitslosenquote nach nationaler Berechnung laut Arbeitsmarktservice im Jahr 2024 bei 7,0 % und damit um 0,6 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. Im Jahresdurchschnitt 2025 wird eine Arbeitslosenquote nach jeweils nationaler Definition von in Deutschland 6,3 % (IfW Kiel), in Schweden 8,5 % (Konjunkturinstitutet) und in Österreich 7,4 % (WIFO) erwartet.
Die Inflation hat sich im Laufe des Jahres 2024 weiter abgeschwächt, vor allem sinkende Energiepreise trugen in allen drei Ländern zu dieser Entwicklung bei. Gemessen am jeweiligen nationalen Verbraucherpreisindex (VPI) lag die Inflationsrate gegenüber dem Vorjahr laut Zahlen der nationalen statistischen Ämter im Jahresdurchschnitt bei 2,2 % in Deutschland, 2,8 % in Schweden und 2,9 % in Österreich. Nach jeweils nationaler Definition wird im Jahresdurchschnitt 2025 ein VPI-Anstieg von in Deutschland 2,2 % (IfW Kiel), in Schweden 1,7 % (Konjunkturinstitutet) und in Österreich 2,3 % (WIFO) erwartet.
Mit der Absicht, die zeitnahe Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen 2 %-Ziel zu erreichen, erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) im Jahr 2023 die Leitzinsen. Der Zinssatz für die Einlagefazilität, mit dem der EZB-Rat den geldpolitischen Kurs steuert, stieg in mehreren Schritten bis auf 4,00 %. Im Juni 2024 begann die EZB, den Grad der geldpolitischen Straffung zu reduzieren und senkte den Zinssatz in mehreren Schritten, zuletzt im Dezember 2024 auf 3,00 % bzw. zum 5. Februar 2025 auf 2,75 %. Aufgrund der hohen Inflationsrate erhöhte auch die Schwedische Reichsbank im Jahresverlauf 2023 die Policy Rate auf 4,00 %. Nachdem sich die Teuerungsrate wieder dem Inflationsziel näherte, kam es ab Mai 2024 zur Senkung der Policy Rate in mehreren Schritten auf 2,75 % zum Jahresende 2024 bzw. 2,50 % zum 8. Januar 2025. Weitere Zinssenkungsschritte von EZB und Schwedischer Reichsbank dürften im laufenden Jahr folgen. In diesem Umfeld waren die Bauzinsen in Deutschland, Schweden und Österreich in der Tendenz zuletzt leicht rückläufig, lagen aber 2024 spürbar über dem Niveau von vor dem Jahr der Zinswende 2022.
Der Immobilienmarkt zeigte sich differenziert: Am Markt für Wohneigentum haben sich die Preise weitgehend stabilisiert, mancherorts sind wieder Anstiege zu beobachten. Der Immobilieninvestmentmarkt zeigte sich noch vergleichsweise verhalten, aber mit zuletzt wieder steigenden Transaktionsvolumen im Segment Wohnen. Für Projektentwickler gestaltete sich die Situation herausfordernd. Derweil bleiben auf dem Mietwohnungsmarkt in Deutschland die Rahmenbedingungen aus Vermietersicht günstig. Angesichts hoher Wohnungsnachfrage, aber rückläufiger Baugenehmigungen ist, so Savills, nicht damit zu rechnen, dass die Mietdynamik zum Stillstand kommt. Zementierende Angebotsknappheit und steigende Mieten dürften auch zu steigenden Kapitalwerten führen. Die inserierten Mieten legten deutschlandweit weiter zu und lagen laut empirica im Durchschnitt aller Baujahre im 4. Quartal 2024 um 4,7 % (Neubau 5,1 %) höher als im Vorjahresquartal. Laut DB Research sind die Mieten bei bestehenden Verträgen um mehr als 2 % gewachsen. Für 2025 werden weitere Mietanstiege erwartet. Nach Angaben von Statistik Schweden (SCB) erhöhten sich die Mieten in Schweden 2024 im Durchschnitt um 5,0 %. Erste Daten von „Hem & Hyra“, der Mitgliederzeitung des schwedischen Mieterverbands („Hyresgästföreningen“), aus den Mietverhandlungen für das Jahr 2025 deuten auf ein weiteres, kräftiges Plus der Mieten hin. In Österreich stiegen die Mieten (inklusive Neuvermietungen) laut Statistik Austria im Jahr 2024 gegenüber dem Vorjahr um 6,7 %. Frei vereinbare Mieten werden laut RE/MAX nachfragebedingt auch 2025 zulegen.
Seit dem Peak der Hauspreise im Jahr 2022 hatten sich diese in Deutschland, Schweden und Österreich merklich abgekühlt. Der Preisrückgang kam in Deutschland im Jahresverlauf im Durchschnitt zum Stillstand. Der empirica Preisindex für Eigentumswohnungen (alle Baujahre) lag zum 4. Quartal 2024 um 0,7 % niedriger als im Vorjahreszeitraum, im Vergleich zum Vorquartal stiegen die Preise im 4. Quartal bereits wieder leicht um 0,1 %. Andere Marktbeobachter sehen die Preise für Bestandswohnungen (Immowelt) bzw. Eigentumswohnungen (Europace) im Durchschnitt zum Jahreswechsel bereits leicht über den Vorjahreswerten. Im Neubausegment lag der empirica Preisindex für Eigentumswohnungen im 4. Quartal 2024 um 2,1 % höher als im Vorjahreszeitraum. Die Experten von DB Research, Fitch Ratings und Immowelt erwarten, dass die Preise 2025 weiter steigen. Die Kaufpreise für Mieter-Eigentümer-Wohnungen in Schweden („Bostadsrätter“) lagen laut Svensk Mäklarstatistik im Dezember 2024 bereits 5,9 % höher als im Vorjahreszeitraum. Seit Jahresbeginn setzte eine sichtliche Erholung ein, die zur Jahresmitte nur kurz durch eine Schwächephase unterbrochen wurde und sich zum Jahresende hin etwas abkühlte. Die Experten der Swedbank rechnen für 2025 mit einem Anstieg der Preise für Wohnimmobilien um rund 5 %. In Österreich zeigt der Wohnimmobilienpreisindex der Österreichischen Nationalbank (OeNB) auf Basis neuer und gebrauchter Eigentumswohnungen sowie Einfamilienhäuser für das 3. Quartal 2024 einen Rückgang um 2,2 % gegenüber dem Vorjahr. Gemessen an den Steigerungen gegenüber dem jeweiligen Vorquartal stagnierten die Preise zuletzt im 2. und 3. Quartal 2024 nahezu mit nur -0,1 % bzw. -0,2 %. Nach Einschätzung von RE/MAX ist der Preistrend bei Eigentumswohnungen in Österreich stark standortabhängig, in zentralen Lagen wird 2025 ein Plus erwartet.
Die Bevölkerungszahl ist in Deutschland, Schweden und Österreich 2024 voraussichtlich erneut gestiegen und dürfte noch weiter wachsen. Viele große Städte und Metropolregionen sind von Wohnungsknappheit betroffen. Derweil ist die Bautätigkeit rückläufig. In der Kombination aus höheren Zinsen, ungünstigeren Finanzierungsbedingungen und gestiegenen bzw. hohen Baukosten befindet sich der Wohnungsbau in allen drei Ländern in einer schwierigen Phase. Nach Schätzungen des GdW dürften im Jahr 2024 in Deutschland nur 256.000 Wohnungen fertiggestellt worden sein, im Vergleich zu rund 294.400 im Jahr 2023. Für 2025 könnte die Zahl auf 229.000 sinken. Die Bundesregierung hatte sich das Ziel von jährlich 400.000 neuen Wohnungen in Deutschland gesetzt. Da eine rasche Zunahme der Neubautätigkeit laut Savills unwahrscheinlich ist, wird Wohnraum noch länger sehr knapp bleiben. Laut Schätzung von Boverket müssen in Schweden bis 2033 jährlich 52.300 Wohnungen neu gebaut werden. Im Jahr 2024 wurden voraussichtlich rund 40.000 Wohnungen fertiggestellt, im Jahr 2025 dürften es nur rund 33.000 Wohnungen sein. Damit wird der jährliche Zusatzbedarf nicht gedeckt. Angesichts etwas verbesserter Rahmenbedingungen könnte aber die Zahl der Baustarts 2025 wieder steigen. Nach kontinuierlichem Rückgang der Baubewilligungen dürfte laut Bank Austria und Exploreal die Zahl der Fertigstellungen auch im Wohnungsbau in Österreich 2024 und 2025 spürbar geringer ausfallen. Angesichts des anhaltend hohen Wohnungsbedarfs rechnet CBRE Austria in den kommenden Jahren mit struktureller Unterversorgung insbesondere in Ballungszentren.
Der Wohninvestmentmarkt Deutschland legte 2024 wieder zu. Das Transaktionsvolumen betrug laut CBRE 8,7 Mrd. € und lag rund 50 % höher als im Vorjahr. Zeigte sich das Transaktionsvolumen in der ersten Jahreshälfte noch verhalten, kam es im Schlussquartal mit einem Volumen von 3,9 Mrd. € zu einer Jahresendrally. Wesentliche Trends waren laut CBRE zum einen Verkäufe im Rahmen von Refinanzierungsrunden vor allem durch gelistete Bestandshalter und zum anderen der Verkauf von Projektentwicklungen insbesondere an öffentliche Wohnungsgesellschaften. Die Risikoklassen Core und Core-plus hatten 2024 einen Anteil von etwas mehr als 50 %. Stark zulegen konnte der Anteil von Value-add- und opportunistischen Investments. Die Spitzenrenditen lagen Ende 2024 bei 3,4 % bzw. 0,05 Prozentpunkte höher als im Vorjahr. CBRE rechnet für 2025 mit steigender Dynamik am Wohnimmobilieninvestmentmarkt und einem Transaktionsvolumen von bis zu 10 Mrd. €. Am schwedischen Transaktionsmarkt wurden laut Colliers 2024 segmentübergreifend Immobilien im Wert von 11,1 Mrd. € gehandelt, etwa 44 % mehr als im Vorjahreszeitraum. Gemessen am Umsatz bildeten Wohnimmobilien mit einem Anteil von 32 % das stärkste Segment. Laut CBRE verzeichnete der österreichische Immobilieninvestmentmarkt im Jahr 2024 ein Transaktionsvolumen von insgesamt 2,7 Mrd. € und damit 7 % weniger als im Vorjahr. Der Anteil des Segments Wohnen betrug davon rund 25 %. Wegen der hohen Nachfrage sank die Spitzenrendite im Segment Wohnen und lag Ende 2024 bei 4,25 %, 50 Basispunkte unter dem Vorjahr. Wohnimmobilien bleiben, so berichtete EHL zum 3. Quartal, weiterhin eine beliebte Anlageklasse, insbesondere gut vermietete Objekte in den urbanen Zentren Österreichs.
Zu den wohnungspolitischen Entwicklungen in Deutschland im Jahr 2024 zählen u. a. Änderungen am Gebäudeenergiegesetz (GEG) und der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG). Am 1. Januar 2024 trat eine GEG-Novelle in Kraft, die den Anteil erneuerbarer Energien im Heizungssystem erhöhen und Emissionen reduzieren soll. Gleichzeitig führte die BEG eine Richtlinie ein, die den Austausch fossiler Heizungen durch klimafreundliche Heizungen mit Investitionskostenzuschuss unterstützt. Nach einem kurzen Antragsstopp für das BEG-Förderprogramm für klimafreundlichen Neubau konnten seit Februar 2024 wieder Anträge für günstige Kredite bei der KfW gestellt werden. Im Oktober startete dann das Förderprogramm Klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment, um den Bau von Wohnungen im unteren und mittleren Preissegment zu fördern. Das bis Ende 2025 befristete Programm verlangt den Effizienzhausstandard 55. Im Rahmen des Wachstumschancengesetzes wurde im März 2024 die degressive AfA für den Bau von Wohnungen beschlossen. Diese gilt befristet für neu gebaute oder im Jahr der Fertigstellung erworbene Wohngebäude und Wohnungen mit Baubeginn zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029. Im Dezember 2024 beschloss die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Mietpreisbremse. Dieser befindet sich jedoch weiterhin im parlamentarischen Verfahren und kommt nicht voran. Mit dem Jahressteuergesetz 2024 führte die Bundesregierung ab dem 1. Januar 2025 eine neue Wohngemeinnützigkeit ein, welche Unternehmen fördert, die bezahlbare Wohnungen bauen und langfristig vermieten. Ende Mai 2024 trat die Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie in Kraft, welche u. a. die Senkung des Energieverbrauchs bei Wohngebäuden vorsieht. Die EU verzichtet dabei auf eine Sanierungspflicht für schlecht gedämmte private Wohngebäude. Zu Beginn des Jahres 2025 treten außerdem die Grundsteuerreform und die Anpassung des Wohngeldes an die Preis- und Mietentwicklung in Kraft. Zudem steigt der CO2-Preis von 45 auf 55 € pro Tonne. In Schweden wird am 1. Juli 2025 eine neue Bauordnung in Kraft treten. Seit 2024 gilt in Österreich ein Mietpreisdeckel, der die Erhöhung der Richtwert- und Kategoriemieten sowie Mieten bei gemeinnützigen Wohnungen begrenzt. Freie Mietverträge sind ausgenommen. Ein im Frühjahr 2024 beschlossenes Wohnbaupaket soll die Bauwirtschaft ankurbeln und Erleichterung bei Wohnbaukrediten bringen.
